
Ann Cleare, Skizze zu on magnetic fields, 2011

Jan-Müller Wieland, 2023.

Mark Andre, Partiturausschnitt und Sonografie zu über, für Elektronik und Orchester, 2015.

Márton Illés, Skizze zu Psychogramm VII „Perlekedős“ (zankend) für Gitarre, 2022.

David Philip Hefti, Tempo-Skizze zu Die Schneekönigin, 2018.

Markus Hechtle, Skizze zu Minotaurus für Sprecher und Ensemble mit dem gleichnamigen Text von Friedrich Dürrenmatt, 2012.

Eric Wubbels, Skizze zu INSTRUMENTS, 2022.

Pierluigi Billone, Skizze zu Kosmoi. Fragmente, 2008
Essayreihe der Ernst von Siemens Musikstiftung
Christian Grüny, 2023 Höllisch kompliziert – das Neue, das Zeitgenössische und die Musik
“New Music” is nervous. Starting with its orthography: why this anxious “N” and “M”? – Seth Brodsky 1 Seth Brodsky, From 1989, or European music and the Modernist Unconscious, Oakland; CA 2017, S. 108.
Paul Bekker beginnt seinen berühmten Vortrag über „neue Musik“ von 1919 mit einer bedenklichen Beobachtung: In allen künstlerischen Bereichen geht es vorwärts, „sehr bemerkenswerte Neuerscheinungen in bezug auf Art und Richtung des Kunstschaffens“
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Paul Bekker, „Neue Musik“, in: ders., Neue Musik. Dritter Band der Gesammelten Schriften, Stuttgart u. Berlin 1923, S. 85–118, hier 87.
auf Schritt und Tritt, „[n]ur in der Musik merkt man wenig oder fast gar nichts von diesem unmittelbaren Miterleben der Gegenwart, und der außenstehende Beobachter kommt leicht zu dem Rückschluß, daß in der musikalischen Produktion Neues im sachlich ernsthaften Sinne eben nicht vorhanden sei“
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A.a.O., S. 88.
. Nun ist es es in Bekkers Augen tatsächlich ganz anders: Er findet sehr wohl aktuelle Entwicklungen, die sich mit denen in der bildenden Kunst, der Architektur, der Literatur und dem Theater messen können, nur sind diese einer allgemeinen Öffentlichkeit noch nicht auf die gleiche Weise ins Bewusstsein getreten und werden vom Musikbetrieb weitgehend ignoriert.
Nun können wir diese Beobachtung ohne Schwierigkeiten auf die heutige Situation beziehen, wobei Architektur und Literatur nur noch bedingt demselben diskursiven Feld anzugehören scheinen: Zwischen der bildenden Kunst und Teilen der Performing Arts auf der einen und der Musik auf der anderen Seite scheint es ein deutliches Gefälle zu geben, was den Anschluss an zeitgenössische Diskurse und Entwicklungen angeht. Die bildende Kunst ist im künstlerischen Feld in einer Position unangefochtener Hegemonie – sie bestimmt die Diskurse, sie genießt die größte öffentliche Aufmerksamkeit, sie dient den anderen als Referenz. Dass die Neue Musik demgegenüber isoliert und marginal zu sein scheint, wäre zu verschmerzen, wenn allgemein unangefochten wäre, dass sie selbst auf der Höhe der Zeit ist (und Einigkeit darüber bestünde, was genau das bedeutet). Das ist aber eher nicht der Fall. Aber, und auch dies verbindet uns mit Bekkers Zeit, so ganz stimmt das ebenfalls nicht, denn natürlich gibt es auch heute eine große Bandbreite musikalischer und aus der Musik stammender Positionen, die sehr wohl ein klares Bewusstsein von den Entwicklungen in anderen künstlerischen Feldern und der gesellschaftlichen Wirklichkeit haben.
Und doch: Die Neue Musik ist institutionell und diskursiv in einer prekären Position. Der im Englischen geläufige, wenn auch bei den Protagonist*innen nicht unbedingt beliebte Begriff „contemporary classical music“ bringt die Malaise auf den Punkt: Wir haben es mit einer künstlerischen Form zu tun, die sich in einer paradoxen Lage findet.Wir haben es mit einer künstlerischen Form zu tun, die sich in einer paradoxen Lage findet. Das Zeitgenössische und das Klassische sind einander erst einmal entgegengesetzt, und die zeitgenössische Musik sollte sich dadurch auszeichnen, gerade nicht klassisch zu sein. Auf der anderen Seite scheint es für das Attribut des „Klassischen“ auch eine übergreifende institutionell und medial geprägte Bestimmung zu geben: Classical music ist Musik der europäischen Kunstmusiktradition, die von (in der Regel) in Musikhochschulen und Konservatorien ausgebildeten Komponist*innen geschrieben und von in denselben Hochschulen ausgebildeten Musiker*innen auf den Instrumenten dieser Tradition in Konzertsälen gespielt wird. Classical musicAus dieser Perspektive zeichnet sich die Neue Musik jener Tradition weitgehend ungebrochen ein, und ihr Neues, ihr disruptiver Impuls, muss sich innerhalb des traditionellen Rahmens ausleben. Um ein prominentes Beispiel zu nennen: Für Bekkers außenstehenden Beobachter mag das jeweilige Abschlusskonzert der Donaueschinger Musiktage wie ein vielleicht etwas ungewohnt klingendes, aber ansonsten ganz normales Symphoniekonzert wirken. Es überrascht nicht, dass auch in der Szene selbst manch eine*r damit nichts zu tun haben möchte – wäre da nicht das kulturelle und finanzielle Kapital, das ein Kompositionsauftrag für dieses Konzert verspricht. Wer einen Auftrag für ein Orchesterstück bekommt, schreibt ein Stück für Orchester. Weil es eben da ist und bedient werden will.
Vermutlich wollte Bekker mit seinem Titel nicht von vornherein eine neue Terminologie vorschlagen, klar ist aber, dass er mit dem Begriff des Neuen nicht einfach auf aktuelle Entwicklungen hinweisen, sondern deren Radikalität betonen wollte. Es war naheliegend, dafür auf die zentrale Kategorie der Moderne zurückzugreifen, die bis heute in der spezifisch deutschen Begriffsprägung der ‚Neuen Musik‘ im Zentrum steht. In gewisser Hinsicht erinnert dieser Begriff heute an den der mexikanischen ‚Partei der institutionalisierten Revolution‘: „Miterlebens der Gegenwart“ein Versprechen auf fortwährende Umwälzung, an das niemand mehr glaubt, weil es längst zu einer Art Markenname geworden ist. Aber es ist wohlfeil und führt auch nicht sonderlich weiter, sich darüber lustig zu machen.
Bei Bekker findet sich eine unmittelbare Kopplung des „Miterlebens der Gegenwart“, also des Zeitgenössischen, mit dem Neuen – die beiden scheinen ihm schlicht identisch zu sein. Die Alltagssprache ist hier auf seiner Seite, nimmt man die beiden aber als theoretisch anspruchsvolle Begriffe, so lässt sich die Identifikation nicht halten. Solche Reflexionen führen unweigerlich zu geschichtsphilosophischen Fragen, mit denen viele der kunsttheoretischen Kategorien eng verbunden sind.
Reinhart Koselleck hat drei verschiedene Begriffe des historisch Neuen unterschieden: einen eher anspruchslosen, nach dem die jeweilige Gegenwart neu ist, einen, der „in dem Sinne des ganz Anderen, gar Besseren gegenüber der Vorzeit“
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Reinhard Koselleck, ‚Neuzeit‘. Zur Semantik moderner Bewegungsbegriffe, in: ders. Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt a.M. 1979, S. 300–346, hier 310.
verwendet wird, und einen, der eine historische Epoche beschreibt, eben die ‚Neuzeit‘. Wir werden sehen, dass sich in Bezug auf das Zeitgenössische eine ganz ähnliche, aber doch nicht deckungsgleiche Unterscheidung treffen lässt. Der deutsche Begriff der Neuzeit hat auf Englisch keine genaue Entsprechung; am nächsten kommt derjenige des modern age, der bereits auf den noch einmal spezifischeren der Moderne, modernity, verweist. Auch wenn wir unbestritten weiterhin in der Neuzeit leben und es einer vollkommenen Umstrukturierung unseres Geschichts- und Selbstverständnisses bedürfte, um eine auf diese Zeit folgende Epoche denken und benennen zu können, ist seit langem kontrovers, ob die Moderne an ihr Ende gekommen ist und was an ihre Stelle getreten sein könnte. In der Kunstgeschichte ist die Periodisierung geläufig, die auf die moderne die zeitgenössische Kunst folgen lässt, vielfach ohne dass die geschichtsphilosophischen Implikationen reflektiert würden. In der Musik ist das nicht der Fall.
Interessant für unseren Kontext ist vor allem die zweite Bedeutung, die das Neue auflädt, indem sie es dem Alten schroff entgegensetzt. Dabei muss es nicht immer das „ganz Andere“ sein, und es ist hilfreich, hier noch einmal drei Varianten zu unterscheiden: Abweichung, Negation und Utopie. Das Neue als Abweichung vom Alten ist offensichtlich die schwächste und auch unbestimmteste Variante, die zweite Bedeutung, die das Neue auflädt, indem sie es dem Alten schroff entgegensetztdie aber hier trotz allem eine explizite Absetzung impliziert. Das Neue in diesem Sinne bleibt auf das bezogen, von dem es abweicht, was von der bloßen Variation bis zum subversiven détournement reichen kann, das die Situationisten gefordert haben.
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Vgl. Guy-Ernest Debord u. Gil J. Wolman, „Mode d’emploi du détournement“, in: Les lèvres nues 8 (1956), S. 2–9. Debord hat das détournement – die Umleitung oder Entführung – später in ein dialektisches Modell einzubauen versucht, was nicht wirklich funktioniert: Vgl. Guy Debord, Die Gesellschaft des Spektakels, Berlin 1996, S. 174–176 (Nr. 206.–209.).
In ihrer Vagheit erscheint Abweichung als theoretisch wenig ergiebiger Begriff, aber das erscheint mir voreilig. Ich komme darauf zurück.
Die dialektische Negation ist demgegenüber in der theoretischen Rekonstruktion der realen Entwicklungen der Kunst des 20. Jahrhunderts, nach Adornos Vorbild, das Standardmodell. Gemeint ist, Abweichung, Negation und Utopieim expliziten oder impliziten Anschluss an Hegel, die bestimmte Negation, die nicht tabula rasa macht, sondern sich spezifisch auf das Gegebene bzw. bestimmte seiner Aspekte bezieht, deren Gehalt sie festhält, indem sie sie negiert. So ist die bestimmte Negation der Tonalität nicht das klangliche Irgendwas, sondern das Festhalten an einer systematischen Organisation einer begrenzten Zahl von Tönen unter Verzicht auf tonale Hierarchien und harmonische Logik. Die Methode der Negation ist die Zuspitzung, die das bisher Gestaltete nicht einfach links liegen lässt und an anderer Stelle ansetzt, sondern es ernstnimmt und an ihm weiterarbeitet. Gegenüber dem abstrakten Verwerfen des Bisherigen und auch gegenüber dem Pathos der Erweiterung und der Erschließung des nie Gehörten, das sich von historischen Reflexionen fernhält, ist sie konkret und wird als Mittel zum Umgang mit den realen Fragen der Gegenwart und als Instrument der kritischen Fortsetzung der Tradition verstanden.
Die letzte Variante, die Utopie oder der radikale Bruch, geht noch einmal darüber hinaus, indem sie nun wirklich das ganz Andere evoziert. Sie ist dem Anspruch nach auch etwas anderes als die abstrakte Negation, weil sie ganz aus dem Spiel der Negationen hinausspringt und eine grundlegend andere Wirklichkeit – oder, vorerst, eine grundlegend andere Kunst – verspricht, auch wenn ihr Werkzeug vorerst die Negation sein mag. Der Inbegriff dieser Variante ist die Revolution.
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Gunnar Hindrichs hat die untrennbare Verflechtung der ästhetischen, politischen und theologischen Dimensionen des Motivs der Revolution betont. Dabei hat bei ihm die eschatologische Dimension das letzte Wort (vgl. Philosophie der Revolution, Berlin 2017).
Im Politischen, aber auch im Ästhetischen ist ein solcher radikaler Bruch weniger eine Wirklichkeit als ein Versprechen oder eine Drohung, und das Neue in diesem Sinne changiert von Anfang an, „ein blinder Fleck, leer wie das vollkommene Dies da“im Ästhetischen bei Poe und Baudelaire, zwischen Schrecken und dem Reiz des ganz Anderen, zwischen klassenloser Gesellschaft und terreur. Dieses Neue kann nicht hergestellt werden, auch nicht über die Negation des Bestehenden, und insofern bleibt es, wie Adorno formuliert, „ein blinder Fleck, leer wie das vollkommene Dies da“
7
Theodor W. Adorno, Ästhetische Theorie, Frankfurt a.M. 1973, S. 38.
. Man könnte sagen, dass ohne dieses utopische Versprechen, diesen leeren Horizont, die Kritik zum Selbstzweck wird und das Neue zur bloßen Innovation regrediert – aber auch, dass Generationen von Künstler*innen an diesem unmöglichen Horizont laborieren und scheitern, und dass er gerade in der Neuen Musik bisweilen zu einer maßlos überhöhten Vorstellung der eigenen Relevanz führt, die es eher verhindert als ermöglicht, sich mit der Gegenwart zu beschäftigen.
Was können wir heute noch damit anfangen? Adornos zentraler Punkt ist, dass die Kategorie des Neuen bei aller Ambivalenz – ihre Nähe zur Mode und Werbung, die bereits Baudelaire betont,
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Vgl. Charles Baudelaire, „Der Maler des modernen Lebens“, in: ders., Sämtliche Werke/Briefe, Bd. 5: Aufsätze zur Literatur und Kunst 1857–1860, München u. Wien 1989, S. 213–258.
kommen noch dazu – weiterhin alternativlos bleibt. Es gibt keine Rückkehr zu einem ungebrochenen Fortsetzen von Tradition, welche auch immer es sei, und auch kein ständig wachsendes, widerstandsloses Reservoir an Formen und Möglichkeiten, an denen man sich frei bedienen kann. Der besonders in der Musik höchst umstrittene Begriff des Materials erscheint mir hier gerade in der Prägung, die Adorno ihm gegeben hat, weiterhin produktiv. Dazu muss man an seinen Ausgangspunkt erinnern, nämlich die Frage, wie wir Geschichtlichkeit und Fortentwicklung als innere Eigenschaft von Kunstwerken denken können, ohne die absurde Konsequenz ziehen zu müssen, dass Schönberg „besser“ als Beethoven ist. Das Material künstlerischer Arbeiten stammt aus anderen künstlerischen Arbeiten, und es zu verwenden bedeutet, sich zu ihm zu verhalten, es kritisch zu reflektieren, Der Begriff des Neuen lässt sich nicht umstandslos auf die gleiche Weise historisieren wie derjenige der Moderne.ohne dass damit bereits determiniert wäre, in welche Richtung das Resultat geht. Was jeweils zu tun ist, lässt sich nicht durch eine Berufung auf „die“ Geschichte und ihre Tendenzen begründen, sondern es erwächst aus einer Reflexion auf die disziplinäre, mediale, geopolitische Situierung der eigenen Praxis, in die die Aneignung fremden Materials eingelassen ist. Dazu können oder besser: sollten auch die institutionellen und diskursiven Bedingungen dieser Praxis gehören. Das Ergebnis dieser Arbeit darf man, wenn es erfolgreich ist, weiterhin „neu“ nennen, ohne damit ein reduziertes, fetischistisches Verständnis von „Materialfortschritt“ oder ständiger Innovation zu verbinden, gegen das sich in der Neuen Musik viele zu Recht wehren.
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Vgl. dazu Christian Grüny, „Material und Ort. Rehabilitation einer kritischen Kategorie“, in: Robin Becker, David Hagen u. Livia von Samson (Hg.), Ästhetik nach Adorno. Positionen zur Gegenwartskunst, Berlin 2022, S. 49–64.
Der Begriff der Neuen Musik ist damit in einer etwas anderen Situation als derjenige der modernen Kunst: … auf Gedeih und VerderbDer Begriff des Neuen lässt sich nicht umstandslos auf die gleiche Weise historisieren wie derjenige der Moderne. Zwar ist er das Signum der Epoche der Moderne, dass er aber auf Gedeih und Verderb an sie gebunden ist und die Kategorie des ästhetisch Neuen damit als solche obsolet sein könnte, ist nicht plausibel. Was allerdings tatsächlich passé ist, ist ein Verständnis einer einzigen Geschichte, an die ein singulärer Begriff der Moderne und erst recht die Vorstellung eines linearen Fortschritts gekoppelt ist. „modernity at large“Dabei ist es nicht mit einer liberalen Pluralisierung der Formen getan, sondern es bedarf einer geopolitischen Reflexion auf den Begriff der Moderne selbst, der unter den Stichworten von „globalen“, „alternativen“ oder „multiplen Modernen“ oder einer radikal diversifizierten „modernity at large“ verhandelt worden ist.
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Vgl. Mike Featherstone, Scott Lash u. Roland Robertson (Hg.), Global Modernities, London u.a. 1995; Dilip P. Gaonkar (Hg.), Alternative Modernities, Durham 2001; Shmuel Eisenstadt (Hg.), Multiple Modernities, Piscataway 2002; Arjun Appadurai, Modernity At Large. Cultural Dimensions of Globalization, Minneapolis u. London 1996.
Dies führt zum Begriff des Zeitgenössischen in seiner anspruchsvollen Variante.
Auch für das Zeitgenössische, the contemporary, lässt sich keine einheitliche Bedeutung angeben; mehr noch als der Begriff des Neuen wird es heute vor allem in der zeitgenössischen Kunst kontrovers diskutiert. Auch hier kann man drei Verständnisse unterscheiden: nahe am Alltagsverständnis als das jeweils Gegenwärtige, als neue, komplizierte Form der Geschichtlichkeit und als historische Epoche. Die Parallelen zu Kosellecks Varianten des Neuen sind offensichtlich. Auch hier ist es vor allem die zweite Bedeutung, die für uns interessant ist.
Allerdings gibt hier der Begriff selbst schon einigen Aufschluss: Während das Neue sich auch diesseits jeder geschichtsphilosophischen Aufladung auf das Diachrone bezieht, ist das Zeitgenössische ein Begriff der Synchronie. Er verweist auf eine geteilte Gegenwart, auf das Bewohnen derselben Zeit. Interessant wird er in dem Moment, in dem die Gemeinsamkeit Er verweist auf eine geteilte Gegenwart, auf das Bewohnen derselben Zeit.dieser Gegenwart zum Problem geworden ist, und wenn er als Begriff der Periodisierung nicht vollkommen leer sein soll, bezieht er diesen problematischen Charakter mit ein. Das Zeitgenössische wird dann relevant, wenn die eine, einheitliche Zeit der westlichen Moderne zerbricht und sich gegenüber denen, die nicht immer schon Teil dieser Geschichte sind, trotzdem nicht länger behaupten lässt, es gäbe keine gemeinsame Zeitlichkeit.
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Johannes Fabian hat dies als „denial of coevalness“ bezeichnet: Vgl. Time and the Other. How Anthropology Makes Its Object, New York 2014, Kap. 2.
Das Zeitgenössische in diesem Sinne hat keinen eindeutigen historischen Anfang, aber es werden drei verschiedene Zeiten diskutiert, an denen diese Verschiebung virulent geworden ist: 1945, in den 1960er Jahren und 1989.
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Vgl. etwa Cuauhtémoc Medina, „Contemp(t)orary: Eleven Theses“, in: Julieta Aranda, Brian Kuan Wood u. Anton Vidokle (Hg.), What is Contemporary Art?, Berlin 2010, S. 10–21, hier 11f.
Alle dieser Daten bezeichnen Umbrüche, die sowohl künstlerisch als auch politisch waren, Zeitenschwellen, nach denen (nicht nur) die künstlerische Arbeit mit neuen geopolitischen Bedingungen umgehen musste. In den 1950er und 1960er Jahren wurden die meisten europäischen Kolonien unabhängig, aber die große Zeit der postkolonialen Diskurse begann erst nach dem Fall des real existierenden Sozialismus, mit dem die scheinbar stabile Sortierung nach „erster“, „zweiter“ und „dritter Welt“ sich endgültig auflöste. Die kolonialen Strukturen verschwanden damit nicht vollständig, sondern blieben als globale Abhängigkeitsverhältnisse erhalten.
So wie die Moderne als politisch-kultureller Begriff wird auch die ästhetische Moderne durch diese Entwicklungen zumindest herausgefordert, sicher dezentriert, vielleicht sogar beendet. Für die Neue Musik Kurz gesagt, ist das Zeitgenössische im historischen Sinne die Zeitlichkeit der Globalisierung …erscheint es heute bisweilen, als wäre diese Herausforderung der Dekolonisierung erst kürzlich aufgetaucht; tatsächlich besteht sie seit Jahrzehnten, wird aber erst seit kurzem wirklich angenommen und diskutiert. Von hier aus muss auch die Kategorie des Neuen, den oben genannten theoretischen Entwürfen entsprechend, pluralisiert werden, wenn sie überhaupt noch relevant ist. Bei einer Pluralisierung im Sinne eines liberalen Nebeneinanders des Verschiedenen – „providing the signifier ‚modernism‘ with vastly more stuff“
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Brodsky, From 1989, a.a.O., S. 115.
– kann es allerdings nicht bleiben; sie würde den tatsächlichen Asymmetrien, Ungleichzeitigkeiten und Machtverhältnissen nicht gerecht. Ein anspruchsvoller Begriff des Zeitgenössischen muss dieses Feld als „a multiple and shifting cultural, ecological, epistemic, historical, sociological and technological condition“
14
Diese Formulierung entstammt der Selbstbeschreibung der Zeitschrift Contemporary Music Review (https://www.tandfonline.com/action/journalInformation?show=aimsScope&journalCode= gcmr20), was zeigt, dass die Reflexion über das Zeitgenössische (in) der Musik im englischsprachigen Raum etablierter ist als im Deutschen, ohne dass sich allerdings ein einheitliches Verständnis durchgesetzt hätte.
beschreiben können. Die am differenziertesten ausgearbeitete, aber auch spekulativste Theorie des Zeitgenössischen finde ich bei Peter Osborne: „Kurz gesagt, ist das Zeitgenössische im historischen Sinne die Zeitlichkeit der Globalisierung: eine neue Art der vereinheitlichenden, aber von inneren Brüchen durchzogenen Konstellation zeitlicher Relationen. Das Wechselverhältnis zwischen dieser neuen historischen Zeitlichkeit und der Zeitlichkeit der Moderne – der differenziellen Zeitlichkeit des Neuen – ist höllisch kompliziert.“
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Peter Osborne, „Die postkonzeptuelle Situation, oder Die kulturelle Logik des Hochkapitalismus heute“, in: Georg W. Bertram, Stefan Deines u. Daniel Martin Feige (Hg.), Die Kunst und die Künste. Ein Kompendium zur Kunsttheorie der Gegenwart, Berlin 2021, S. 484–507, hier 500.
Osbornes Theorie ist insofern für uns interessant, als er nicht von einer bloßen Ablösung der modernen durch die zeitgenössische Kunst und weder vom Obsoletwerden der Kategorie des Neuen noch von ihrem unbeeinträchtigten Fortwirken ausgeht. Dieses Zeitgenössische ist nicht „the period to end all periods, stalled because it faced no new historical conditions“
16
Patrick Valiquet, „Contemporary Music and its Futures“, in: Contemporary Music Review 39, 2 (2020), S. 187–205, hier 198. Damit beschreibt Valiquet natürlich nicht seine eigene Position.
und damit eine Neuauflage der Postmoderne, sondern eine geopolitische Komplikation der Moderne. Nicht einmal in den europäischen und nordamerikanischen Ländern hat die Moderne einen identischen Verlauf genommen, und außerhalb dessen wurde sie manchmal als fremder Import von außen erfahren, der zu unterschiedlichen Graden eigene Entwicklungen angestoßen hat, resignierend akzeptiert, bereitwillig aufgegriffen oder vehement abgelehnt wurde, aber kaum etwas unberührt ließ. Dabei war die Kehrseite ihres Freiheitsversprechens die koloniale Gewalt, was Walter Mignolo dazu veranlasst, „modernity/coloniality“ als untrennbare Einheit zu begreifen.
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Vgl. etwa Walter D. Mignolo, The Darker Side of Western Modernity: Global Futures, Decolonial Options, Durham u. London 2011.
Auch Ästhetik und Künste sind in diesen Zusammenhang verwickelt. Die Heterochronie, die asymmetrische Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Zeiten, die sich daraus ergibt, wird von diesem Begriff des Zeitgenössischen nicht geleugnet oder heruntergespielt, sondern sie ist seine Voraussetzung.
Diese Komplikation ist allerdings nicht nur höllisch kompliziert, sondern auch nicht eigentlich gegeben. Wenn das Zeitgenössische die Einheit disjunkter, fragmentierter und letztlich unvereinbarer Zeitlichkeiten im globalen Maßstab ist, gibt es kein Subjekt, für das dies eine erfahrbare Wirklichkeit ist; insofern wird das Zeitgenössische als Idee, Problem, Fiktion und Aufgabe bezeichnet.
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Vgl. Peter Osborne, Anywhere Or Not At All. Philosophy of Contemporary Art, London 2013, S. 22ff.
Tatsächlich Man mag sich fragen, ob es überhaupt Kunst gibt, die dieser gewaltigen Aufgabe gerecht wirdglobal wirksam und diese Verhältnisse überspannend ist nur das transnational operierende Kapital, aber die zeitgenössische Kunst ist laut Osborne insofern in einer privilegierten Position, als sie dieses unmögliche Erfahrungssubjekt fingieren kann: Sie kann in ihren Gestaltungen die Aufgabe der Darstellung annehmen und die Idee des Zeitgenössischen verkörpern. Man mag sich fragen, ob es überhaupt Kunst gibt, die dieser gewaltigen Aufgabe gerecht wird – aber nur sie kann für Osborne den Anspruch erheben, sich zeitgenössisch zu nennen.
Dass der Gedanke, die zeitgenössische Kunst könne eine paradigmatische Darstellung und Verkörperung des unmöglichen Subjekts des Zeitgenössischen liefern, überhaupt aufkommen kann, hat ihre eigene Globalisierung zur Voraussetzung. Verkörpert wird diese Globalisierung wesentlich vom transnationalen Netzwerk der Kunstbiennalen (unter die, trotz ihres fünfjährigen Turnus, auch die Documenta gerechnet werden kann). Dabei sind diese Biennalen eine durch und durch ambivalente Angelegenheit. Oliver Marchart hat sie als „Hegemoniemaschinen“
19
Vgl. Oliver Marchart, „The Globalization of Art and the ‚Biennials of Resistance‘: A History of the Biennials from the Periphery“, in: OnCurating 46: Contemporary Art Biennials: Our Hegemonic Machines in Times of Emergency (2020), S. 22–29.
bezeichnet, Osborne als „Research and Development branch of the transnationalization of the culture industry“
20
Osborne, Anywhere Or Not At All, a.a.O., S. 164.
, also letztlich als neokoloniale Unternehmungen, in denen das global operierende Kapital und die Kunstwelt eine unheilige Allianz eingehen. Von hier aus könnte auch der anspruchsvolle Begriff des Zeitgenössischen ein Phantasma des – nun paradoxerweise geographisch verteilten – Zentrums sein. Einig sind sich Marchart und Osborne aber darin, dass dies nicht alles ist, sondern dass die Biennalen gleichzeitig ein Potential darstellen, zu dem es im Moment keine Alternative gibt. Mit der dritten Biennale in Havanna von 1989, mit der sich die bisherige Peripherie als relevanter Ort behaupten konnte, setzte ein Dezentrierungsprozess ein, der nie vollständig war, dem aber bei der von Okwui Enwezor kuratierten Documenta 11 mit ihren über die ganze Welt verteilten „Plattformen“ eine Aushöhlung des Zentrums entgegenkam.
21
Vgl. Rafal Niemojewski, „Venice or Havana: A Polemic on the Genesis of the Contemporary Biennial“, in: Elena Filipovic, Marieke van Hal u. Solveig Øvstebø (Hg.), The Biennial Reader. An Anthology on Large-Scale Perennial Exhibitions of Contemporary Art, Bergen u. Ostfildern 2010, S. 88–103; Stewart Martin, „A New World Art? Documenting Documenta 11“, in: Radical Philosophy 122 (2003), S. 7–19.
Der Punkt ist nicht, dass die Biennalen faktisch eine egalitäre, weltweite Kunst repräsentieren, in der die innere zeitliche Fragmentierung des Globalen ihre Darstellung finden kann, und dass die dekoloniale Kritik sich damit erledigt hat, sondern dass eine solche Kunst ohne eine solche institutionelle, materielle Infrastruktur eine Unmöglichkeit ist. Insofern ist es zwar äußerst reduktiv, weil es sowohl die historische als auch die geopolitische Dimension abblendet, trifft aber einen Punkt, wenn Terry Smith schreibt: „contemporary art is the institutionalized network through which the art of today presents itself to itself and to its interested audiences all over the world“
22
Terry Smith, What is Contemporary Art?, Chicago u. London 2009, S. 241.
. Die zeitgenössische Kunst ist nicht einfach identisch mit diesem Netzwerk, aber es ist gleichwohl für sie konstitutiv.
Für die Neue Musik gibt es derzeit kein Äquivalent dazu. Natürlich gibt es Kontakte zwischen verschiedenen Festivals, auch einen regen Austausch zwischen Nordamerika und Europa, ohne dass die durchaus unterschiedlichen Szenen und Traditionen verschwimmen, aber jenseits dessen scheint die Landkarte vielfach aus weißen Flächen zu bestehen. Damit ist nicht gemeint, dass es keinerlei Verbindungen gibt, oder dass überhaupt kein Bewusstsein musikalischer Aktivitäten und Traditionen Für die Neue Musik gibt es
derzeit kein Äquivalent dazu.in anderen Gegenden der Welt besteht. Was es aber nicht gibt, ist ein Netzwerk an zumindest einigermaßen gleichberechtigten Partnern, die auf möglicherweise auch sehr verschiedene Weise an denselben Fragen arbeiten. So ist Syrphe mit seinen Veröffentlichungen und seiner Datenbank experimenteller Musik vor allem aus Asien und Afrika das Werk einer einzelnen Person, Cedrik Fermont,
23
http://syrphe.com.
und ein Projekt wie „Donaueschingen global“ von 2021, das Komponist*innen und Ensembles von abseits dieser Zentren ins Festival holte, war ein vereinzelter Versuch, einen eklatanten Mangel zu beheben. Die Szene ist weit davon entfernt, dass eine solche Initiative zur Normalität geworden wäre und aufhören könnte, als explizit benannter Sonderbereich zu erscheinen, oder dass die Bewegung in beide Richtungen ginge; das Projekt ist vorerst eine einmalige Angelegenheit geblieben, dessen Webseite schon wieder verschwunden ist.
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Geblieben ist die informative und reflektierte begleitende Publikation: Elisa Erkelenz u. Katja Heldt (Hg.), Dynamische Traditionen. Globale Perspektiven auf zeitgenössische Musik, Donaueschingen 2021 – aber auch sie nur in den Regalen der damaligen Besucher*innen, weil sie ohne ISBN nicht im Buchhandel erhältlich ist.
Wenn man den Anspruch des Zeitgenössischen ernstnimmt, kann er nicht auf der Ebene des einzelnen Stücks, der einzelnen Komponistin oder des einzelnen Ensembles gelöst werden. Auch wenn es eine Idee ist, Die Szene ist weit davon entfernt, dass eine solche Initiative zur Normalität geworden wäredie sich nur in individuellen Arbeiten als Fiktion realisieren kann, bleiben diese auf eine materielle Infrastruktur angewiesen, auf Kommunikation, auf Gegenseitigkeit zwischen verschiedenen Orten, um nicht selbst in die Falle der Provinzialität des Zentrums zu geraten, das meint, all dies aus sich heraus leisten zu können. Insofern ist die Arbeit, die in der Neuen Musik zu tun ist, immer auch eine institutionelle.
Was ich hier anhand der Begriffe des Neuen und des Zeitgenössischen skizziert habe, ist nicht nur eine Überforderung für alle, die sich im Bereich der Neuen Musik bewegen, sondern es ist auch ziemlich abstrakt. Konkrete künstlerische Handlungsanleitungen lassen sich daraus nicht ableiten, es sei denn diejenige, sich nicht mit dem eigenen Metier zu bescheiden und auf der eigenen Position einzurichten, sondern unwahrscheinliche Verbindungen herzustellen nicht nur im Material, sondern auch ganz real auf der kommunikativen Ebene, und sich dessen bewusst zu sein, dass die eigene Position schon längst von anderswo unterhöhlt worden ist.
Wenn die Diskussion um die zeitgenössische Kunst als wegweisend für diejenige der Neuen Musik verstanden wird, so ist damit nicht gemeint, dass diese sich jener bedingungslos in die Arme werfen, sozusagen um Anschluss bitten sollte. An dieser Stelle ging es lediglich um die „Miterleben der Gegenwart“Figur des Zeitgenössischen, um deren Herausforderung sich auch die Neue Musik nicht herumdrücken kann. Selbst wenn man Osbornes Forderung überzogen finden mag oder schlicht unmöglich zu realisieren, bleiben die Fragen, die sie aufwirft. Das „Miterleben der Gegenwart“, das Bekker beschworen hatte, bleibt gefordert, aber es kann nicht mehr unmittelbar sein. Die reflexive Arbeit, die es erfordert, kann keine*r alleine vollziehen.
Was ich hier ausgespart habe, ist die andere Seite von Osbornes Begriff der zeitgenössischen Kunst, die diese auf einen postkonzeptuellen Stand verpflichtet. Tatsächlich ist dies für die Musik eine ebenso große Herausforderung, weil es eine endgültige Verabschiedung der Medienspezifität und einen antiformalistischen, antiästhetischen Impuls beinhaltet. Auch dies würde ich eher als Frage und Herausforderung verstehen denn als normative Verpflichtung, Ort, Gegenstand und Form sind Versuche, eine Weise des Umgangs mit Musik zu beschreiben, in dem sie weder eine Disziplin noch ein Medium istdie schlicht zu übernehmen ist. Der entscheidende Punkt scheint mir wiederum zu sein, es für die Musik und von der Musik aus zu beantworten, ohne damit ihre habitualisierte Isolation weiter zu befestigen. Douglas Barrett hat, hier anschließend, eine „musical contemporary art“ gefordert, die sich dem Problem des Zeitgenössischen stellt und die er als eine Reihe von „post-formalist practices that use music as a site, subject, or form while operating through contemporary art’s post-conceptual condition“
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G Douglas Barrett, „Contemporary Art and the Problem of Music: Towards a Musical Contemporary Art“, in: Twentieth- Century Music 18, 2 (2021), S. 223–248, hier 244.
bestimmt. Ort, Gegenstand und Form sind Versuche, eine Weise des Umgangs mit Musik zu beschreiben, in dem sie weder eine Disziplin noch ein Medium ist. Das ist nicht das letzte Wort, aber es ist eine Antwort, die durchaus bedenkenswert ist.
Wer dagegen argumentiert, sollte zumindest das Reflexionsniveau nicht unterbieten, das Osborne und Barrett vorgelegt haben. Diesen vielfältigen Herausforderungen ist nicht mit dem Universalwerkzeug der Negation beizukommen, oder besser: Die Art, wie sich künstlerische Arbeiten auf das ihnen Vorausgehende und das sie Umgebende beziehen, ist nicht immer mit dem Begriff der Negation am besten beschrieben. Das im ersten Abschnitt erwähnte, absichtlich vage Motiv der Abweichung scheint mir in vielen Fällen besser zu passen – Abweichung muss erklärt und genauer bestimmt werden.gerade in solchen, in denen es um Ortswechsel geht, um Interferenzen zwischen verschiedenen Bezugssystemen oder um das Austauschen eines Bezugssystems durch ein anderes.
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Auch Osborne setzt uneingeschränkt auf die Negation; zur Musik vgl. Peter Osborne, „Musical Negations, Negations of Music“, in: ders., Crisis as Form, London 2022, S. 58–75. Der Ausgangspunkt ist hier Ari Benjamin Meyers Kunsthalle für Musik mit ihrem Slogan „Music is Not!“, der dies natürlich nahelegt. Aber auch Meyers’ Projekt scheint mir in vielen seiner Aspekte besser mit dem Motiv der Abweichung beschreibbar.
Die Negation bleibt attraktiv, weil sie die Suggestion strenger Konsequenz und Unabweisbarkeit mit sich führt und sich weitere Erklärungen damit scheinbar erübrigen, Abweichung muss erklärt und genauer bestimmt werden. Individuelle Arbeiten können so als komplexe Konstellationen von Negationen und Abweichungen verstanden werden, die zu entflechten eine beinahe ebenso große Aufgabe ist, wie sie zu produzieren.
Eins der Probleme, auf die im Zusammenhang mit dem Zeitgenössischen immer wieder hingewiesen wurde, ist, dass die geopolitische Komplikation mit dem Verlust des Versprechens der Zukunft erkauft zu werden scheint, das konstitutiv für die Moderne war. Wenn politisch und künstlerisch „protecting utopia“
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Medina, „Contemp(t)orary: Eleven Theses“, a.a.O., S. 17.
die Aufgabe ist, … die Rettung einer Perspektivealso die Rettung einer Perspektive, die wirklich über die wie auch immer komplexe Gegenwart hinausgeht, bleibt auch das emphatisch Neue eine relevante Kategorie. Es zu schützen und zu kultivieren ist mindestens so kompliziert wie die Artikulation des Modernen und des Zeitgenössischen. Es lediglich im Namen zu tragen, wird nicht ausreichen.